Auf dem "Holzweg" im Nationalpark Bayerischer Wald (Foto: K. König)
Abenteuer-Exkursion führt junge Naturforscher in großartige Naturlandschaften
Eine "Abenteuer-Exkursion Junge Naturforscher" ermöglichten die Naturschutzstation in Kooperation mit der Uni im Grünen e.V. kürzlich jugendlichen Teilnehmern: Knut König, Umweltbildner im Auftrag der beiden Vereine, besuchte mit ihnen die Nationalparks Bömische Schweiz, Šumava, Thayatal, Bayerischer Wald sowie Podyjí. Hier ein Erfahrungsbericht von Knut König:
Am Sonnabend, dem 7. August trafen wir uns alle aus gegebenem Anlass am Corona-Testzentrum. Wegen mehrerer Teilnehmer-Absagen war das Expeditionsteam auf Anna, Georg und mich zusammengeschrumpft. Dennoch unverdrossen stiegen wir, stempelfrisch negativ getestet, ins Leihauto und begannen die Reise. Der erste Halt war am Fuß des Děčínský Sněžník (Hoher Schneeberg). Mit gut gewähltem Startpunkt war der Aufstieg zum höchsten Punkt der Böhmischen Schweiz ein leichtes Spiel und aus 723 Metern Höhe genossen wir den Ausblick nach Tschechien. Doch unser Blick reichte nicht bis zu den Höhen des Böhmerwaldes und geschwind begannen wir den Abstieg, der uns nach etwas Orientierungsübung zu unserem Auto zurückbrachte. Über Prag und Strakonitce erreichten wir den Beginn des Šumava, über dessen Gipfeln sich ein ordentliches Gewitter zusammenbraute. So mussten wir auch unsere Fahrt auf der Passhöhe kurz unterbrechen, die Sturzbäche aus den Wolken erlaubten nur noch etwa 5 Meter Sichtweite. Wir planten um und entschieden, uns vor der Nacht mit einer Pizza in Freyung zu stärken. Gut gelaunt machten wir uns dann auf die Suche nach dem Jugendzeltplatz Forstwald. Kein leichtes Unterfangen in den Tälern des Bayerischen Waldes. Als wir fündig wurden, erwartete uns eine durchweichte Wiese, deren höchster Punkt durch eine Gruppe Pfadfinder besetzt war. Wir kehrten ins Empfangsgebiet zurück, konsultierten die Karten-App und beschlossen, unser Glück an einem Schutzdach zu versuchen. Dieses bot allerdings nur Platz für einen Schlafenden. Georg und Anna zogen es vor, im Auto zu nächtigen, während ich es mir in der trockenen Horizontalen gemütlich machte.
Der nächste Morgen begann mit freundlicherem Wetter und nach einem zünftigem Outdoorfrühstück waren wir neugierig auf die Tierwelt des Bayerischen Waldes. Am Nationalparkzentrum Lusen schlossen wir uns der vielversprechenden Tour zu „Zu Luchs, Wolf und Elch“ an. Eine hoch motivierte Führerin vermittelte eine Fülle an Wissenswertem am Wegesrand, garniert mit dem neuen Schaugehege für Kreuzottern und Eidechsen. Im Gegensatz zu den gut versteckt dösenden Luchsen ließen sich Eulen und Enten beobachten, von den Elchen gab es nur die Beine in der Ferne zu betrachten. Die beiden in die Jahre gekommenen Wölfe chillten so perfekt, daß man schon gute Präparate vermutete. Dafür hatte Meister Petz seinen Badetag und mit vielen Fotos vom Bären ging es zurück zum Nationalpark-Imbiss. Am Nachmittag entdeckten wir in „der Holzgemeinde“ Neuschönau eine aus Latten und Schindeln erbaute Arche mit einer Glucke als gemütlichem Pavillion und einem leider verschlossenen Holzerlebnismobil. Daneben erzählte auf dem Holzweg die Figur des Johann über die Risiken des Holztransportes zu Tale. Erlebbar wurde so eine schaukelnde Fahrt auf einem federnd gelagerten, voll beladenen Schlitten. Auch der Lauf des Wassers reizte zu Experimenten, angetrieben von einer Handpumpe. Wieder Stand die Frage nach dem Nachtlager zur Debatte, allerdings war der feuchte Zeltplatz für niemanden eine Option. Im umgebenden Naturpark fanden wir auf einer versteckten Waldwiese den idealen Platz für unsere Zeltplane und unsere holzbefeuerten Outdoor-Öfchen. Schnell waren leckere Spaghetti zubereitet, doch auch der Regen fand uns wieder. Während ich dem Lager unter der Plane vertraute, entschieden sich Anna und Georg für das Bett im Mobil.
Der Montagvormittag war unverplant. Nach Ausschlafen und Einpacken reizte uns eine Fahrradtour. Der nächste Verleiher residierte in Kvilda im Nationalpark Šumava. Nach einer Stunde Fahrt war zunächst der Mittags-Snack an der Reihe, ehe wir uns in die Sättel schwangen. Unser erstes Ziel, die Moldauquelle, war leicht zu erreichen. Vor dem zweiten Ziel musste jedoch auf einer Schotterpiste ein Bergsattel bezwungen werden. Wir schoben unsere Fahrräder zwischen Heidelbeersträuchern und jungen Fichten empor und rollten gut gebremst hinab nach Bučina, der einstigen Siedlung Buchwald. Hier war die ehemalige Grenzsicherungsanlage aufgebaut, der das Dorf einst weichen musste. Von der Terrasse des einzig stehengebliebenen Hauses, einem zwischenzeitlich als Grenzkaserne genutzten Hotel, konnten wir schon nach Österreich sehen, verschwommen am Horizont erahnte man die Alpen. Statt Gletschereis gab es Eis am Stiel und erfrischt fuhren wir in der Nachmittagssonne zurück nach Kvilda. Auf der Rückfahrt verzauberte uns die Abendstimmung mit ihrem prächtigen Farbenspiel, so dass wir auf einer versteckten Wiese anhielten, Würstchen grillten und uns zur Nachtruhe begaben - in der bewährten Aufteilung der letzten Nächte.
Am Dienstag ging es früh aus den Federn, das heißt die beiden im Auto Schlafenden wechselten samt Schlafsack einfach in eine aufrechte Position. Durch die Strahlen der Morgensonne fuhren wir nach Freyung. Mit Blick auf die Stadt und die Bayerische Berglandschaft ließen wir uns das Frühstück im Auto schmecken - frische Semmeln und mitgebrachter sächsischer Proviant. Dann absolvierten wir den Corona-Test, mit gutem, weil negativen Resultat. So abgesichert starteten wir auf die nächste lange Etappe. Der Weg führte uns zum Moldau-Stausee bei Lipno, den wir mit zwei Autofähren überquerten. Von Svatý Tomáš aus bestiegen wir den Vítkův kámen, einen der östlichsten Berge des Böhmerwaldes. Auf ihm thront die Burgruine Vítkův hrádek, von der man einen hervorragenden Rundblick auf die umgebenden Bergwälder der drei Länder sowie den Lipno-Stausee hatte. Auf dem weiteren Weg nach Osten forderte der frühe Morgen seinen Tribut. Anna und Georg verschliefen die Fahrt zwischen reifen Kornfeldern und blinkenden Seen bis Nové Hrady. Am malerisch schönen Markplatz des Städtchens stärkten wir uns und füllten unsere Essensvorräte auf. In Gmünd überquerten wir die Grenze nach Österreich. Von da aus ging es ohne Pause durch Wald- und Weinviertel zu unserem Ziel in Hardegg. Am Wildkatzencamp angekommen, wurden wir freundlich empfangen und bezogen unser schönes Quartier für die folgenden vier Nächte. Wir genossen den Luxus von Dusche und elektrischem Herd und legten uns glücklich auf den Matratzen zur Nachtruhe nieder.
Nach dem Frühstück im Camp ging es hinunter zur Thayabrücke. Auf diesem, die Grenze überwindenden Bauwerk, erwartete uns Svatava, die langjährige Organisatorin des Internationalen Jugendcamps für den Nationalpark Podyjí. Traditionell lud sie uns mit Tee und Palatschinken zum Frühstück ein, welches an die erste Begegnung von Tschechen und Österreichern nach dem Fall des Eisernen Vorhanges erinnert. Auf beiden Seiten war die Wiedersehensfreude groß und durch die sich gut ergänzenden Kenntnisse der jeweils anderen Sprache wurden Erinnerungen und Neuigkeiten ausgetauscht. Doch weitere Termine warteten auf Svatava und uns und so wurde über die Thaya hinweg zum Abschied gewinkt. Zurück im Wildkatzencamp erwartete uns Claudia, die Hausherrin und Zauberfee der Naturbildung im Nationalpark Thayatal. Sie hatte unser Obdach organisiert und sogar einen Ranger, der uns mit in die geheimsten Tiefen des Nationalparks nahm. Mit Bernhard verkosteten wir die Früchte des Gelben Hartriegels, landläufig auch als Dirndl bekannt. Von einem steilen Trockenrasen aus erspähten wir durch Profi-Ferngläser Rehe und Enten im Fugnitztal, aber nahmen auch Schmetterlinge ins Objektiv. Und dann stießen wir auf wahre Teppiche voller „Eierschwammerln“, wie die Pfifferlinge in Österreich genannt werden. Auch wenn wir nur hier und da einige reife Exemplare mitnahmen, waren bald genug für eine großzügige Mahlzeit gesammelt. Bevor wir umkehrten, kraxelten wir noch zur Wallerhöhle, dem Versteck eines sagenhaften Räubers. Im Camp machten wir uns an die Zubereitung eines üppigen Mahles und luden Bernhard zu sächsischem Kartoffeln mit Quark und zu Ofenkartoffeln mit Pfifferlingen ein. Nach einer Verdauungspause, in welcher der österreichische Wortschatz vertieft wurde, ging es nach Hardegg auf den Reginafelsen. Einst begehrte ein Burgherr die schöne Maid, doch da sie ihm nicht zu Willen war, ließ er sie lebendig in die Felswand einmauern, die seither ihren Namen trägt. Er selbst stürzte samt Pferd von diesem Felsen in die Tiefe, als er sich von der Ausführung dieser grausigen Tat überzeugen wollte. Für uns bildete der Gipfel, über dessen Namen uns Bernhard erzählte, unsere Observationsbasis. Mit einem Spektiv bewaffnet, erkannte man die Maserung des hölzernen Pavillons auf der Hardeggwarte, aber auch die Speisekarte der Hammerschmiede, der Einkehr im Talgrund. Sogar die Einsiedleraussicht konnte im Walddickicht ausgemacht werden, natürlich gab unser Ranger die zugehörige Hintergrundgeschichte zum besten. Der Tag endete mit einem Kurs im Feuerentfachen. Es brauchte schon mehrere Versuche, bevor der Funke in ein aus Naturmaterialien angelegtes Feuernestchen übersprang. Nach diesem erlebnisreichen Tag sanken wir relativ früh in unser gemütliches Lager.
Gleich zwei Höhepunkte hielt der Donnerstag für uns bereit. Claudia hatte den Kontakt zu zwei Junior-Rangerinnen hergestellt, die wir aus früheren Camps kannten. Und wir wollten die Landeshauptstadt Wien erkunden. Also ab mit dem Auto auf die Landstraße. In Retz erwartete uns Lily, und nach einer herzlichen Begrüßung ging es weiter Richtung Südosten. Natürlich gab es viele Neuigkeiten auszutauschen und so wurde die Fahrt nicht lang. Nach einigen Wirrungen mit dem Navigationssystem wurde das Auto im Park+Ride-Haus von Hütteldorf abgestellt und die U-Bahn nach Schönbrunn genommen. Überwältigt von der kaiserlichen Pracht wandelten wir staunend durch den Schlossgarten empor zur Gloriette und schauten über den Park auf die Donaumetropole. Haushohe Hecken, riesige Rabatten, wallende Wasserfälle beeindruckten uns in ihrer gigantischen, aber ausgewogenen Dimension. Doch wir rissen uns von Sissis Sommerresidenz los und fuhren per U- und Straßenbahn in die Innenstadt. Das Naturhistorische Museum glich einem Palast der Wissenschaft. Ehe wir die Hallen voller Präparate durchschritten, stärkten wir uns unter der Kuppel der Empfangshalle. Danach zogen wir an schier endlosen Reihen von Vitrinen vorbei, gefüllt mit scheinbar jedem Exemplar auf der Erde lebender Tiere. Auch wenn man nur ausgewählte Ausstellungstücke ausgiebig betrachtete und in jedem Raum nur etwas den Erläuterungen folgte, war man von der Fülle an Informationen und Fotomotiven nahezu ausgefüllt. Ein letzter Blick wurde auf Dinosaurier und Mammuts geworfen, bevor wir uns zu Fuß auf den Weg zum Herzen der Stadt begaben. Vorbei an der Hofburg und den Konsumtempeln der gehobenen Gesellschaft gelangten wir zum Stephansdom, über dem ein Rettungshubschrauber kreiste und zur Landung ansetzte. Den Strom der Gaffer meidend betraten wir die Kathedrale, doch irgendwie hatten unsere Augen schon genug Pracht an einem Tag gesehen. So freuten wir uns, dass an der Dompforte Louise zu uns stieß und gemeinsam verließen wir das Zentrum Wiens, um uns in einer typischen Einkehr an gemeinsame Erlebnisse zu erinnern und über unsere Zukunftspläne auszutauschen. Nachdem wir uns von Louise und Lily herzlich verabschiedet hatten, schauten wir lange vom 18. Stock des Design Towers auf das nächtliche Wien. Schließlich war es Zeit für die Heimfahrt und nach einem kurzen Blick auf die Sternschnuppen über dem Wildkatzencamp fielen alle in ihre Betten.
Nach so einem langen Tag voller Eindrücke begann der Morgen erst kurz vor dem Mittag. Auf den Brunch folgte ein Spaziergang auf dem Hennerweg zum Ausblick auf Hardegg. Dort erfuhr man beim Blättern in der symbolischen Stadtchronik einige unterhaltsame und überraschende Details zu Stadt und Nationalpark. Anschließend wurde der große Kräutergarten des Nationalparkhauses unter die Lupe genommen, geschnuppert und genascht. Im Nationalpark-Shop mussten die stylischen T-Shirts und ein paar Mitbringsel für die Lieben daheim erworben werden. Bei einem Eis im Café-Restaurant schauten wir auf das Erlebte zurück und genossen die Ruhe des beginnenden Abends. Als es dann richtig finster war, konnten wir uns einer nächtlichen Wildkatzentour anschließen. Ganz ohne Licht folgten wir Bernhard zu einem Lockstock, dessen Baldrianduft die heimlichen Vierbeiner zu einer intensiven Schlussrunde mit dem rauen Holz verleiten soll. Die dabei zurückbleibenden Haare geben über die enthaltene DNA viel Information über ihre ehemaligen Besitzer preis. Auf den Bildern einer gegenüber aufgestellten Fotofalle konnte man sehen, daß der Duft nahezu die ganze Tierwelt des Nationalparks anlockt. Zum Abschluss ging es ans Wildkatzengehege, in dem Carlo im gedämpften Scheinwerferlicht sein frisches Futter suchte. Beim abschließenden Lagerfeuer leistete uns Bernhard noch einmal Gesellschaft. Er erläuterte einige Sternbilder und hielt gemeinsam mit uns nach Sternschnuppen Ausschau. Als das Feuer heruntergebrannt war, endete unser vorerst letzter Abend im Thayatal.
Der Morgen begann mit packen, aufräumen und saubermachen. Als unser vierrädriges Gefährt beladen war, nehmen wir Abschied vom Wildkatzencamp und steuerten nach Norden, Richtung Jihlava. Im Tal des gleichnamigen Flüsschens befindet sich ein vielfältiger und liebevoll eingerichteter Zoo. An Afrikas Savanne vorbei erreichten wir eine große Streuobstwiese, auf der wir Falken, Uhus und Adler bestaunten, die in einer Falknerschau bis auf die Federspitzen an die Besucher herankamen. Der heimliche Star dieser Vorführung war ein Schopfkarakara, der behände über die gebeugten Rücken der Zuschauer lief. Vorbei an Wasservögeln und Raubkatzen kamen wir zum Streichelgehege. Während Georg dem Charme der Zwergziegen widerstand, streichelten und wuschelten Anna und Knut ausgiebig die kleinen Kletterkünstler. Auf dem Rückweg zum Auto konnten wir erste Ermüdungserscheinungen erfolgreich durch die Plünderung eines Marillenbaumes verhindern. Abschließend stärkten wir uns mit einem Imbiss auf dem Marktplatz und dann ging es in einem Rutsch zurück bis nach Königstein. Glücklich ging die "Abenteuer-Exkursion der jungen Naturforscher" zu Ende, die hoffentlich im nächsten Jahr ihre Fortsetzung findet.
Vielen Dank an die Förderer und Unterstützer, besonders an Claudia und Bernhard vom Nationalpark Thayatal sowie Svatava vom NP Podyjí!
Knut König